Kurz und knapp aus der Arbeit der Fachgruppe Erlebnistherapie des Bundesverband Individual- und Erlebnispädagogik e.V.:
Die Erlebnistherapie ist ein ganzheitlich, handlungs-, erlebnis- und erfahrungsorientierter Ansatz, der durch erlebnis- und naturpädagogische Methoden therapeutische Settings unterstützt, ergänzt oder eigenständig gestaltet.
Ziel der Erlebnistherapie ist es Entwicklungs- und Selbstheilungsprozesse anzustoßen. Der therapeutische Kontext und die Prozesstiefe sind entscheidende Merkmale, die erlebnistherapeutische Maßnahmen von rein pädagogisch orientierten Interventionen unterscheiden. Der Bedarf (festgestellte Auffälligkeit, Störung oder Verhaltensweisen, Diagnose) der Klient:innen bestimmt die Art und Intensität der therapeutischen Intervention. Diese ist individuell herausfordernd und spricht die intrinsische Motivation der Klient:innen an.
In Abgrenzung zur Erlebnispädagogik wird in der Erlebnistherapie sensibler auf das Stresslevel der Klient: innen eingegangen. Anhand des therapeutischen Auftrages und Bedarfes arbeitet die Erlebnistherapie an einem alternativen emotionalen Umgang mit belastenden Situationen; es werden Handlungs- und Verhaltensmuster oder Ressourcen und Stärken entwickelt.
Dies gelingt durch das Gestalten von äußeren handlungsorientierten Erfahrungsfeldern, die eine Passung zu inneren Zielen und Veränderungsprozessen haben. In der Natur bzw. in gestalteten Situationen können sich Klient: innen im Tun erleben. Dieses Erleben wird durch die Bewusstmachung bzw. die Reflexion über die inneren Prozesse, zu einer (Selbst-) Erfahrung. (Barbara Bous und Christiane Thiesen basierend auf dem Selbstverständnis Erlebnistherapie Bundesverband Individual- und Erlebnispädagogik e.V, Lakemann 2018, Gilsdorf 2004, Michl 2018).
(aus: Bous, B., Thiesen, C. (2022): Erlebnistherapie. e&l - erleben & lernen, Heft 5)
Welche Einsatzbereiche erfährt Erlebnistherapie weltweit?
Auf internationaler Ebene ist der Einsatz von Erlebnistherapie zum Teil sehr gut etabliert. Anwendung findet die Erlebnistherapie vor allem in medizinischen und psychosozialen Berufsfeldern. Im Folgenden werden die wichtigsten Einsatzbereiche herausgegriffen, um die vielfältigen Möglichkeiten darzustellen:
Auf welche Theorien & Grundannahmen stützt sich ATI
in seinen Ausbildungsprogrammen ?
Folgende Kerntheorien und Grundannahmen werden in den Praxis- und Theorielehrgängen der Ausbildung zum/zur "Erlebnis- und Naturtherapeut:in" und "Erlebnis- und Naturtherapie Practitioner" berücksichtigt:
Besondere Berücksichtigung findet die generalistisch ausgerichtete Denkweise und Haltung der Lehrenden & Lernenden (Agierenden), welche die Fachbereiche des Medizin-, Gesundheits- und Sozialwesen sowie die angrenzenden soziologischen, interkulturellen und phänomenologischen Felder berücksichtigt und einbezieht.
Ein hervorragende Zusammenstellung wurde von einer weltweit arbeitenden Arbeitsgruppe "Exciting Research Edges" der IAT (International Adventure Therapy) zusammengestellt.
Die Veränderungs- und Wirkmechanismen wurden auf folgende Dimensionen des menschlichen Seins bezogen:
In all den verschienden Dimensionen werden der Erlebnis- und Naturtherapie Effekte und Wirkungen nicht nur zugesprochen, sondern auch angewendet, evaluiert und in diversen Fachartikeln und Abhandlungen beschrieben.
Durch die Mehrdimensionalität des Therapieverfahrens ergeben sich multikausale Zusammenhänge. Der therapeutische Prozess ist beispielsweise nicht nur auf die verbale Verständigung angewiesen und blendet somit andere Kommunkationstechniken aus. Die Therapie bezieht sich beispielsweise nicht auf das eindimensionale Ziel "... wieder Gehen/ Laufen lernen ...", sondern setzt bei der Stärkung des Selbstwertes an und dies hat zur Folge, dass jemand sich wiederum körperlich mehr zutraut, in seinen Bewegungsabläufen sicherer wird und schneller "... wieder Gehen/ Laufen lernt ...".
Die ganzheitliche Bezogenheit des Modells ist von Besonderheit und könnte auch als pankulturell betrachtet werden. Die therapeutische Haltung und damit verbundene Art der Beziehungsgestaltung wird von Therapeut: innen, die in Neuseeland und Australien erlebnis- und naturtherapeutisch arbeiten, anders gestaltet, als die der Kolleg: innen in den USA, Indien, Europa und anderen Ländern. Die sozio-kulturellen Selbstverständnisse und dahinter liegenden Wertsysteme sind für die zwischenmenschliche Arbeit von hoher Relevanz und beeiflußen den therapeutischen Prozess.